Wir erinnern an …

13. November 2018

… Wieland Herzfelde (11.04.1896 – 23.10.1988)

Das Ehrengrab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof und eine Ehrentafel an seinem Wohnhaus in der Woelckpromenade 5 in Weißensee halten das Andenken an den 98. Ehrenbürger Berlins lebendig: an Wieland Herzfelde, den pazifistischen Schriftsteller und sozialistischen Verleger, den Antifaschisten. Er wurde am 11. April 1896 im schweizerischen Weggis geboren. Dort hatte sein Vater, der wegen „Gotteslästerung“ aus Deutschland ausgewiesene Franz Held, eine neue Heimstatt gefunden.

Als Wieland drei Jahre alt war, verlor er seine Eltern. Zusammen mit seinem Bruder Helmut, der sich später John Heartfield nannte, wuchs er bei Verwandten in Deutschland auf. Mit dem Notabitur in der Tasche wurde er 1914 zum Sanitätsdienst eingezogen und in den Krieg geschickt, doch bereits bald darauf – „nicht würdig, des Kaisers Rock zu tragen“ – in Unehren entlassen.

Ab 1916 gab er in Berlin gemeinsam mit dem bekannten Antikriegszeichner George Grosz die Monatszeitschrift „Neue Jugend“ heraus, die er programmatisch mit Johannes R. Bechers Gedicht „An den Frieden“ eröffnete. Nachdem das Blatt 1917 verboten worden war, wurde Herzfelde erneut an der Front eingesetzt. Er desertierte, wurde verhaftet und in eine Strafkompanie gesteckt.

Im März 1917 hatten Grosz und Heartfield in Berlin den Malik-Verlag gegründet, genannt nach seiner ersten Neuerscheinung, dem Roman „Der Malik“ von Else Lasker-Schüler. 1918 übernahm Wieland Herzfelde die Leitung des Verlags und machte ihn zu einem Unternehmen von Weltruf, führend in der Herausgabe proletarisch-revolutionärer und bürgerlich-sozialkritischer Literatur aus Deutschland und anderen Ländern. Das Spektrum der russischsprachigen Autoren beispielsweise reichte von Leo Tolstoi und Maxim Gorki über Isaak Babel bis zu Ilja Ehrenburg und Wladimir Majakowski. Berühmt wurden die von Herzfelde zusammengestellten Anthologien „Dreißig Erzähler des neuen Russland“ (1928) und „Dreißig Erzähler des neuen Deutschland“ (1932).

Die KPD war an der Jahreswende 1918/19 kaum gegründet, da trat Herzfelde gemeinsam mit seinem Bruder bei. Bei den Märzunruhen 1919 wurde er verhaftet und nach Plötzensee verbracht; darüber veröffentlichte er seinen Erlebnisbericht „Schutzhaft“. 1919 bis 1923 gab er zusammen mit John Heartfield und George Grosz die Zeitschrift „Die Pleite“ heraus. Im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller war er eines der ersten Mitglieder.

Im März 1933 zur Emigration gezwungen, führte er im Prager Exil den Malik-Verlag weiter, leitete gemeinsam mit F.C. Weiskopf den Bert-Brecht-Club und gab zusammen mit Anna Seghers, Oskar Maria Graf und Jan Petersen 1933 bis 1935 die „Neuen Deutschen Blätter — Monatsschrift für Literatur und Kritik“ heraus. 1939 über die Schweiz in die USA entkommen, arbeitete er dort als Buchhändler und wurde 1943 zum Mitbegründer des Verlags „Aurora“, eines Gemeinschaftsunternehmens von elf antifaschistischen Schriftstellern.

Im Februar 1949 kehrte Wieland Herzfelde nach Deutschland zurück. An der Leipziger Universität übernahm er eine Professur für Literatursoziologie. Im gleichen Jahr wurde sein autobiographischer Erzählband „Immergrün“ veröffentlicht (1958 in erweiterter Fassung). Eine Auswahl seiner Gedichte „Im Gehen geschrieben“ erschien 1956, eine Sammlung von Kurzprosa und Versen 1961 unter dem Titel „Unterwegs“. 1972 wurde er Ehrenpräsident des PEN-Zentrums DDR, 1986 Berliner Ehrenbürger. Am 23. November 1988 verstarb er in Berlin.

Prof. Dr. Gerhard Fischer (†)