Wissenswertes für Euch

Dieser Beitrag erschien in UNSER BLATT Ausgabe 47 – April 2011

 

Eine Brücke zwischen den Generationen

20 Jahre Bund der Antifaschisten in Hohenschönhausen/Weißensee

 

Der große Hörsaal im Gebäude des bereits abgewickelten Instituts für Lehrerbildung (IfL) „Clara Zetkin“ an der Falkenberger Chaussee war am 19. März 1990 fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein Vorbereitungskreis hatte zur Gründungsversammlung für einen „Bund der Antifaschisten“ in den damals noch existierenden Stadtbezirken Weißensee und Hohenschönhausen eingeladen. Antje (15) und Alois (78) standen seinerzeit als Symbole für Jugend und Alter, geeint in der Absicht, sich gegen rasch wachsende Neonazi-Strukturen zu engagieren. Es war vor allem die mittlere Generation – in der DDR mit einem ehrlichen Gefühl für Solidarität aufgewachsen –, die sich damals einbringen wollte.

 

Heiß diskutiert wurde auf jener Gründungsversammlung das Thema „Gewaltfreiheit“, der Passus, wonach „Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung abgelehnt wird“ blieb schließlich in der Satzung – und ein großer Teil der anwesenden jungen Leute verließ die Versammlung. Ein Umstand, der in die Gegenwart nachwirkt. Dabei waren und sind diese Jugendlichen antifaschistisch aktiv, in ihren eigenen Zusammenhängen. Es gab und gibt immer wieder Kontakte zu ihnen, auch Zusammenarbeit bei konkreten Anlässen.

 

Ein anderer Schwerpunkt der Gründungsversammlung war der Wille, zunehmender Ausländerfeindlichkeit etwas entgegenzusetzen. Hieraus entwickelte sich sehr schnell ein eigenständiger Verein, der als „Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen in Hohenschönhausen“ noch heute einen guten Namen hat und dem wir uns solidarisch verbunden fühlen.

 

Der neugegründete BdA nahm rasch Kontakt zu Antifaschistinnen und Antifaschisten im Westteil der Stadt auf, um von ihren Erfahrungen im Kampf gegen Neonazis zu partizipieren. Wir wurden Mitte der 90er-Jahre Mitglied in der VVN-VdA und so auch Vorreiter der Verschmelzung der großen ost- und westdeutschen antifaschistischen Organisationen. Mitglieder unseres BdA übernahmen bereits damals Verantwortung im Bundesausschuss und im Bundessprecherkreis der VVN-BdA.

 

Einen inhaltlichen Schwerpunkt sah unsere Kreisvereinigung seit Anbeginn in der Erhaltung und Pflege örtlicher Traditionen des Antifaschismus. Sie kümmerte sich um Denkmale, Gedenktafeln und Straßennamen. Sie sorgte für Veranstaltungen zur Erinnerung an Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus. Jahrelang organisierte sie Ehrungen zum 8. Mai am Denkmal für die gefallenen Angehörigen der Sowjetarmee in Hohenschönhausen und an anderen Stätten, bis die kommunalen Organe sich ihrer Verantwortung bewusst wurden.

 

Die Neuordnung der Stadtbezirke zum 1. Januar 2001 verlief anders als zur Gründung unseres BdA erwartet: Hohenschönhausen wurde Lichtenberg zugeschlagen, Weißensee zu Pankow. Wir entschieden uns, als Verein bestehen zu bleiben und zu versuchen, eine Brückenfunktion zwischen den beiden neuen Großbezirken auszufüllen.

 

Insofern hat sich eine punktuelle Zusammenarbeit sowohl mit dem BdA Pankow als auch (und vor allem) mit der VVN-BdA Lichtenberg entwickelt, die perspektivisch sicher noch weiteres Potential bietet. Mit unserer geschichtspolitischen Arbeit wirken wir in beide Stadtbezirke hinein und suchen Ansprechpartner in beiden Bezirksämtern, wenn es um den Erhalt und die Erneuerung von Erinnerungstafeln und Denkmalen geht.

 

Wir sind ein vergleichsweise kleiner Verein. Die Mitgliederliste von 1990 nannte über100 Namen. Gemeinsam mit der BO Weißensee/ Hohenschönhausen sind es heute nicht einmal mehr 50. Viele von ihnen wirken in unterschiedlichen Organisationen und Parteien und bringen auch dort ihre antifaschistischen Überzeugungen ein. Seit jeher arbeiten wir in Bündnissen in unserem Territorium mit.

 

Das Gebäude des IfL „Clara Zetkin“ ist einer Stadtbrache gewichen, Claras Denkmal, das vor dem Gebäude stand, steht heute in einem kleinen Park in Marzahn. Auch uns gibt es immer noch. Damit dies auch künftig so bleibt, müssen wir wieder mehr in die Öffentlichkeit kommen, uns einmischen in gesellschaftliche Diskussionen und Auseinandersetzungen im Territorium, gerade auch in diesem Jahr. Neonazis und Rechtspopulisten darf es nicht gelingen, erneut in die Rathäuser einzuziehen. Den Kontakt zu jungen Antifaschistinnen und Antifaschisten brauchen wir dabei genauso wie den Kontakt zu den alten, Brücke müssen und wollen wir sein auch zwischen den Generationen.