Der Gedenkstein in der Rennbahnstraße

1. März 2019

Das Freikorps Hülsen besetzte am frühen Nachmittag des 14. März das „Spartakistennest“ Weißensee. Im Vorfeld gab es gezielte Falschmeldungen über „spartakistische Batterien“ und „spartakistische Putsche“ in Weißensee. Der Belagerungszustand wurde verhängt. Er sollte bis zum 17. März andauern. Das Hauptquartier des Freikorps Hülsen befand sich im „Auguste-Viktoria-Krankenhaus“ (heute Parkklinik Weißensee) in der Schönstraße. Anschläge verkündeten, dass es der Bevölkerung verboten sei, nach 7 Uhr abends die Straße zu betreten. An vielen Straßenkreuzungen, sogar auf Balkonen der Eckhäuser, waren Kanonen und Maschinengewehre aufgestellt.

Offenbar brachte das Freikorps auch einige Gefangene mit nach Weißensee. Am 15. März, „Nachmittags um fünf Uhr“ (wie das Weißenseer Sterbebuch verzeichnet) wurden dort an einer Mauer in der Rennbahnstraße auf einem damals unbebauten Gelände zwischen Weißensee und Heinersdorf vier Menschen „standrechtlich erschossen“.

Am Ort des Geschehens (heute Rennbahnstraße 70, neben Carglass®) erinnert seit vielen Jahren ein fast vergessener Gedenkstein an die vier Erschossenen. Wann der Gedenkstein errichtet wurde ist mir nicht bekannt. Auf ihm steht – was die Kennzeichnung als Spartakuskämpfer anbetrifft historisch nicht ganz korrekt – geschrieben:

AM 15. MÄRZ 1919
WURDEN HIER DIE SPARTAKUSKÄMPFER
WILLI ARNDT
IM ALTER VON 32 JAHREN
OTTO EBERT
IM ALTER VON 31 JAHREN
ERWIN WAGNER
IM ALTER VON 19 JAHREN
PETER WAGNER
IM ALTER VON 17 JAHREN
DURCH DIE SOLDATESKA
DER KONTERREVOLUTION ERMORDET

Nach einem Bericht der bürgerlichen „Weißenseer Zeitung“ habe es sich um „vier Personen gehandelt, die in Lichtenberg als Führer des Aufstandes und als Scharfschützen ermittelt und nach Weißensee mitgenommen worden waren“. Wie wahllos die Soldateska jedoch tatsächlich vorgegangen war, ist daraus zu ersehen, dass sich unter den Erschossenen der 32-jährige einarmige Willi Arndt befand, der gar kein Gewehr halten konnte und lediglich Samariterdienst bei den aufständischen Arbeitern versehen hatte.

Der in Berlin geborene Kaufmann Willi Arndt war bereits am 9. März gefangen genommen worden. Er wohnte in der Frankfurter Allee 304 und war verheiratet mit Emilia geborene Kressin. Ein Geburtsdatum ist nicht vermerkt, nur das Alter (32 Jahre alt). Sein Vater Max Arndt war Hausverwalter, seine Mutter war eine Pauline geborene Gottschalk, beide wohnhaft in Berlin. Er war evangelischer Religion.

Der in Stettin geborene Händler Otto Ebert wohnte im Kietzer Weg 16 in Lichtenberg und war mit Charlotte geborene Felsch verheiratet. Angaben über die Eltern sind nicht bekannt. Er war evangelischer Religion. Ein Geburtsdatum ist nicht vermerkt, nur das Alter (31 Jahre alt).

Die in Lüttich geborenen Erwin und Peter Wagner waren Brüder. Sie wohnten im Kietzer Weg 15 in Lichtenberg. Ein Geburtsdatum ist wiederum nicht vermerkt, nur das Alter (19 bzw. 17 Jahre alt). Beide waren ebenfalls evangelischer Religion. Ihre Eltern Hippolyt Wagner und Mathilde geborene Herzberger wohnten ebenfalls in Lichtenberg.