„Daß du, Mensch, uns nicht vergissest …“
25. Januar 2022
Am Morgen des 27. Januar 1945 erreichten die Spitzen der Roten Armee das Tor zum Vernichtungslager Auschwitz III Monowitz. Die Rotarmisten betraten das Barackenlager und stießen auf etwa 600 völlig ausgemergelte Männer, außerdem Hunderte Leichen. Das Grauen steigerte sich von Lager zu Lager. Im Stammlager, dass sie am Nachmittag erreichten, fanden sie 1.200 Menschen vor, die meisten mehr tot als lebendig. In Birkenau waren fast 5.800 entkräftete und kranke Häftlinge unversorgt zurückgeblieben, darunter fast 4000 Frauen und mindestens 400 Kinder und Jugendliche.
Von 1940 bis 1945 starben mindestens 1,1 Millionen Menschen in Auschwitz. Die meisten der Opfer waren Jüdinnen und Juden, die die Deutschen gleich nach ihrer Ankunft mit Giftgas ermordeten und ihre Leichen verbrennen ließen. Andere Insassen des Konzentrationslagers wurden zu Tode gefoltert, viele mussten arbeiten, bis sie vor Entkräftung und Hunger starben. Auschwitz war die größte „Todesfabrik“ der Nationalsozialisten. Und einer der Orte, wo sie die „Endlösung der Judenfrage“ betrieben – einen systematischen Völkermord.
Stella Rotenberg (1916 – 2013), eine deutschsprachige Schriftstellerin und Lyrikerin, geboren und aufgewachsen in Wien, der es im Sommer 1939 gelang, über die Niederlande, wohin sie emigriert war, nach Großbritannien auszureisen und die nach Kriegsende erfahren musste, dass ihre Eltern und nahezu ihre gesamte Verwandtschaft in den Vernichtungslagern der Nazis ermordet worden waren, schrieb 1972 ihr „Vermächtnis aus Auschwitz“ nieder:
„Daß du, Mensch, uns nicht vergissest,
und vergiß unsre Mörder nicht!
Das Unheil, das uns vernichtet,
steht auch vor deinem Gesicht.
Verhülle nicht deine Augen
und halt deine Ohren nicht zu!
Sonst sind wir für nichts gestorben,
heute ich – und morgen du.“
„Daß du, Mensch, uns nicht vergissest …“ – Zu den Menschen, die nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet wurden, gehörten aus Weißensee auch
Selma und Hans Hugo Asch – an sie erinnern Stolpersteine in der Smetana-straße 16, Helene und Erich Blumenthal – an sie erinnern Stolpersteine in der Berliner Allee 81, Martha Less – ein Stolperstein Charlottenburger/Ecke Tasso-straße erinnert an sie, Minna Löwenhaupt und ihr Sohn Arthur – an sie erinnern Stolpersteine in der Prenzlauer Promenade 4, Paula und Max Silberberg und ihre Töchter Ingeborg und Edith – an die Familie erinnern Stolpersteine in der Pistoriusstraße 141, Ida und Adolf Isaac – an sie erinnern Stolpersteine in der Berliner Allee 51, Susi und Erwin Löwenthal und ihr Sohn Danny – in der Bizetstraße 107 erinnern Stolpersteine an sie, Selma und Alfred Pinkus, Edith Link und Tochter Gittel (Ehemann Siegfried Link überlebte Auschwitz) – an sie erinnern Stolpersteine in der Bizetstraße 122, die Familien Stenschewski, Frieda und Alex, deren Kinder Egon (der überlebte), Edith und Rudi, und Resi Vera und Aron Adolf mit den Kindern Siegfried, Margot und Jonathan – an sie erinnern Stolpersteine und eine Erinnerungstafel in der Falkenberger Straße 12.
„Daß du, Mensch, uns nicht vergissest …“ – Aus Hohenschönhausen gehörten zu den Menschen, die nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet wurden,
Manfred Bottstein – an ihn erinnert ein Stolperstein in Große-Leege-Straße 48, Margarete Sachs, an die ein Stolperstein in der Große-Leege-Straße 46a erinnert, Margot und Jakob Klein und ihr Sohn Herbert – an sie erinnern Stolpersteine in der Große-Leege-Straße 45, Erna und Willi Kolitz – Stolper-steine in der Große-Leege-Straße 44b erinnern an sie, die Familien Cäcilie und Eugen Lange mit den Kindern Hanni und Herta (die überlebte) und Else und Hugo Lewinsohn und deren Kinder Julian, Arthur, Rita und Reha, an die Stolpersteine in der Konrad-Wolf-Straße 45 bzw. 41 erinnern, Ellen und Fritz Leyser, an die Stolpersteine in der Konrad-Wolf-Str. 114 erinnern, Erna und Salomon Arthur Senger mit ihren Kindern Edith und Günter – an die Familie erinnern Stolpersteine in der Konrad-Wolf-Str. 60, Blume Luise Albers – ein Stolperstein in der Suermondtstraße 46 erinnert an sie.
„Daß du, Mensch, uns nicht vergissest …“ – Wer am 27. Januar in Weißensee Stolpersteine putzen möchte, kann das individuell tun oder aber sich einer Putzaktion im Großbezirk anschließen, mit der an zahlreichen Orten im Stadtbild an NS-Opfer erinnert werden soll. Wer dabei sein will, findet zwischen 15:30 Uhr und 17:30 Uhr Putzsachen und Infomaterialien vor „Mops & Mietz“ in der Parkstr. 1, 13086 Berlin.
Um 15 Uhr treffen sich Mitglieder des BdA Weißensee/Hohnschönhausen vor dem Jüdischen Friedhof, um der Opfer des Holocaust zu gedenken.
Das Kino Toni am Antonplatz zeigt am 27. Januar, 18 Uhr den Film „Gertrud Kolmar – Wege durch Berlin“. – Die jüdische Dichterin Gertud Kolmar (1894 – 1943) war von 1941 bis 1943 Zwangsarbeiterin bei Epeco, einer Lichtenberger Pappfabrik in der Herzbergstraße. Sie wurde im Rahmen der „Fabrikaktion“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der Film folgt den Beschrei-bungen von Orten und Wegen in den Briefen Kolmars und sucht sie im Berlin der Gegenwart.
Vor dem ehemaligen jüdischen Waisenhaus in der Berliner Straße 120-121 (Nähe S-Bahnhof Pankow) bilden am 27. Januar 2022, ab 18 Uhr Menschen wieder eine Lichterkette. Danach wird es um 19 Uhr in der Alten Pfarrkirche Pankow eine Andacht geben und anschließend eine Szenische Lesung zu dem Stück »Der Koffer« von Małgorzata Sikorska-Miszczuk.
In Lichtenberg legen Mitglieder des Bezirksamts an Gedenk- und Erinnerungs-orten im Bezirk Kränze nieder. In Hohenschönhausen wird das um 10 Uhr am Gedenkstein für die ehemalige Jüdische Synagoge in der Konrad-Wolf-Straße 92 sein, danach an der Gedenktafel für Victor Aronstein, Werneuchener Straße 3 und auf dem St. Hedwig Friedhof, Konrad-Wolf-Straße. Lichtenbergerinnen und Lichtenberger sind aufgerufen zum individuellen Gedenken. Und um 15 Uhr treffen sich die Freundinnen und Freunde der VVN Lichtenberg mit dem Bezirksbürgermeister am OdF-Denkmal auf dem Loeperplatz.