Wie könnte ich diesen Lichtblitz je vergessen!
2. August 2022
Aus Anlass der Atombombenabwürfe am 6. und 9. August 1945 auf Hiroshima und Nagasaki lädt der Deutsche Friedensrat zusammen mit dem „Bündnis 06. August“ am Samstag, dem 06. August, 10 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung an der Friedensglocke im Volkspark Berlin-Friedrichshain ein.
Sankichi Toge, geboren 1917 in Japan, war zum Zeitpunkt des Abwurfs der Atombomben 24 Jahre alt. Er erlebte den Atombombenangriff drei Kilometer vom Epizentrum entfernt. Zwölf Jahre später starb er an Leukämie, Folge seiner radioaktiven Verstrahlung. Seine Erfahrungen aus erster Hand, sein leidenschaftlicher Einsatz für den Frieden und sein ungeschönter Blick auf das schreckliche Ereignis machten ihn zum bedeutendsten „Hiroshima-Dichter“ Japans. Sein Gedicht „6. August“ wurde 1951 als ein Beitrag Japans bei den „Weltfestspielen der Jugend und Studenten“ in Ostberlin vorgestellt und erlangte internationale Beachtung.
Wie könnte ich diesen Lichtblitz je vergessen! Im Nu hörten dreißigtausend Menschen auf zu sein Die Schreie von fünfzigtausend Getöteten Im gelben Rauch, der sich vor die Sonne legte Zerbarsten Gebäude, stürzten Brücken ein Straßenbahnen voller Menschen brannten auf ihrem Weg Durch Hiroshima, darin Aschehaufen ohne Zahl Schon bald hing die Haut wie Lumpen herab Die Hände auf der Brust Ausrutschend auf verspritztem Gehirn Mit Fetzen verbrannten Tuchs um die Lenden Kamen endlose Reihen Nackter daher Schreiend Körper auf dem Exerzierplatz, verstreut wie Geröll Gruppen, an den Ufern gestapelt Auf Flöße gepackt, fertig zum Abtransport Verwandelten sich in Kadaver Unter der sengenden Sonne | In der Mitte der Flamme Die sich gegen den Abendhimmel erhob Nahe der Straße, wo Mutter und Bruder von Trümmern lebendig begraben wurden Loderte das Feuer mit aller Macht Auf Lagern aus Unrat in Abstellräumen Berge von Menschen, Gott allein wusste, wer sie waren … Haufenweise Schulmädchen im Dreck Aufgedunsen, einäugig Die Hälfte ihrer Haut in Fetzen herabhängend, kahlköpfig Die Sonne schien, nichts rührte sich Außer den summenden Fliegen in den Metallwannen Über denen der Gestank hing Wie kann ich diese Stille vergessen Die sich über die 300.000-Einwohner-Stadt legte? Inmitten dieser Ruhe Wie kann ich das Flehen vergessen Der von uns gegangenen Ehefrau und des Kindes Die aus ihren Augenhöhlen In unseren Kopf und unsere Seele drangen? |