In Memoriam Hans Krusch

28. Oktober 2015

Wir hätten seinen Geburtstag gern mit ihm gefeiert. Am 29. Oktober wäre
Hans(-Joachim) Krusch 80 Jahre alt geworden. Viel zu früh verstarb er am 20. Februar 2004. Sein Wissen, seine Weitsicht, sein Optimismus und sein kluger Rat fehlen uns.

Kennengelernt hatte ich Hans Krusch 1990 in den (w)irren Zeiten, die heute „Wende“ genannt werden. Mir waren in jenen Monaten drei Dinge besonders wichtig, die ich in einem sich abzeichnenden größeren Deutschland als Errungenschaften einer 40-jährigen Geschichte bewahrt wissen wollte und die sich mit den Begriffen Antifaschismus, Internationalismus und Völkerfreundschaft, Einheitspartei verbanden. Hans Krusch müssen ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen sein und so mussten sich unsere Wege zwangsläufig kreuzen. Im März 1990 hatte sich am Bogensee der „Bund der Antifaschisten“ gegründet und in der Folge Landes- und Kreisorganisationen. Hans Krusch gehörte zu den Gründungsvätern des BdA in Weißensee und Hohenschönhausen, und bis zu seinem Tod war er Mitglied des Vorstandes. Er gehörte zu denen, die konsequent auf eine Vereinigung der antifaschistischen Kräfte in Berlin und darüber hinaus hinarbeiteten, einheitliches Handeln in gemeinsamen Aktionen hielt er für unabdingbar – gerade auch aus dem Wissen heraus, dass er aus seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Arbeiterbewegung besaß. Dass er ein Professor war, wusste ich zunächst nicht einmal, er trug diesen Titel nie wie eine Monstranz vor sich her.

Das Ende des zweiten Weltkrieges hatte Hans Krusch als 9-jähriger erlebt. Mit ihm ging die neue Zeit, wie es in einem alten, aus dem Jahre 1914 stammenden und in der DDR viel gesungenen Arbeiterjugendlied heißt. Und er mit ihr. Er wurde Anfang der 50er Jahre an die Arbeiter-und-Bauernfakultät in Leipzig delegiert und studierte dann Geschichte an der dortigen Karl-Marx-Universität bei Ernst Engelberg, Walter Markov und Josef Schleifstein. Als Historiker arbeitete er am Institut für Marxismus-Leninismus, später am Institut für die Geschichte der Arbeiterbewegung. Einen Schwerpunkt seiner Forschungen nahmen Studien zur Frühphase der Weimarer Republik und zur Vereinigung von SPD und KPD nach dem Zweiten Weltkrieg ein, ein Thema, dass ihn nie losgelassen hat und zu dem er auch nach 1990 noch weiter publizierte. Hans Krusch initiierte den Marxistischen Arbeitskreises zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der historischen Kommission bei der PDS. Dabei war er auch Lernender, suchte einen Dialog ohne Ausgrenzung mit anderen, sich als marxistisch, als kommunistisch definierenden Genossen und Organisationen, die an einer antikapitalistischen Orientierung und Aktivität festhielten. So erwarb er sich Achtung auch in den Reihen der DKP und der KPÖ.

Wir sollten an seinem Geburtstag wieder einmal einen Blick in eines seiner Bücher werfen. Wie wäre es zum Beispiel mit „Sozialistische Bewegung gegen Militarismus und Krieg: Erfahrungen und Lehren“ (GNN Schkeuditz, 2000). [ML]