Lichtenberger Register: Halbjahres-Auswertung erschienen

18. August 2020

Die Halbjahres-Auswertung des Lichtenberger Registers für das 1. Halbjahr 2020 ist erschienen. Die Corona-Bedingungen haben auch Auswirkungen auf die extrem rechte Szene in Lichtenberg:

„Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie und der damit zusammen-hängenden zeitweisen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sind die Register-Zahlen im ersten Halbjahr 2020 deutlich angestiegen. Mit 146 Vorfällen von Januar bis Juni 2020 wurden etwa 25% mehr extrem rechte Aktivitäten gemeldet (1. HJ 2019: 118).“

Das sei bemerkenswert, weil im Beobachtungszeitraum des Vorjahres eine Europa-Wahl stattfand und damit ein aktiver Propaganda-Wahlkampf mehrerer extrem rechter Parteien verbunden war.

Besonders stark war der Anstieg in den Monaten Mai und Juni. Mit der Diskussion um die Corona-bedingten Einschränkungen ging eine thematische Verschiebung rechter Propaganda einher. Der Hass richtete sich vermehrt gegen politische Gegnerinnen und Gegner, teils antisemitische Verschwörungserzählungen erlebten eine erhebliche mediale Verbreitung, aber auch positive Bezüge auf den Nationalsozialismus wurden offener geäußert.

Von den 146 gemeldeten Vorfällen betrafen 22 Neu-Hohenschönhausen (15%), 10 Alt-Hohenschönhausen (7%).

Ausführlich >>> Lichtenberger Register

Für Pankow liegt noch keine Halbjahres-Auswertung vor.

75. Jahrestag der Befreiung

2. April 2020

8. Mai 2020: Spuren des Gedenkens in Alt-Hohenschönhausen, Weißensee und Schönholz


 

Orte der Erinnerung

 

Gedenktafel für
Else Jahn (Weißensee)

Ehrenmal
Küstriner Straße (Hohenschönhausen)

Die Antifaschistin Else Jahn (17.09.1901 – 26.04.1945) lebte in der Berliner Allee 21. Sie verlor ihr Leben, als sie Einheiten der Roten Armee beim Kampf um die Befreiung Berlins durch die Stadt lotste.

Gedenktafel für Else Jahn, Berliner Allee 21

Das Grundstück in der Küstriner Straße 11-14 diente am Ende des Zweiten Weltkrieges als Beerdigungsstätte für die bei der Befreiung von Hohenschönhausen bzw. Berlin gefallenen oder kurz danach an ihren Verletzungen im nahegelegenen Lazarett gestorbenen sowjetischen Soldaten und Offizieren. In der Mitte des Friedhofes wurde ihnen 1947 ein Ehrenmal errichtet. Bereits Ende 1947/1948 wurden die Toten nach Schönholz umgebettet.

Das heutige Ehrenmal entstand zu Ehren des 30. Jahrestages der Befreiung 1974/1975 im Rahmen eines deutsch-sowjetischen Jugend-Projektes und erinnert nach wie vor an die im April 1945 im Kampf um die Befreiung Berlins gefallenen sowjetischen Soldaten >>>.

 

Kleiner historischer Spaziergang

Zum Thema „Befreiung in Hohenschönhausen“ gibt es hier von der Geschichtswerkstatt Lichtenberg einen Vorschlag für einen kleinen historischen Spaziergang mit Hinweisen auf weitere Orte.

 

75 Jahre Befreiung und Covid-19

In Folge der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie ist unser und aller öffentliches Wirken ausgerechnet zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus stark eingeschränkt. Die VVN-BdA Brandenburg und die Berliner VVN-BdA erklären in diesem Zusammenhang unter anderem:

„Mit Bedauern nehmen die VVN-BdA Brandenburg und die Berliner VVN-BdA zur Kenntnis, dass in der aktuellen Situation die Feiern anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der in Brandenburg gelegenen Konzentrations- und Zwangsarbeitslager abgesagt werden müssen. Wir können diese Entscheidung nachvollziehen, gilt es doch das Leben der wenigen noch lebenden Zeitzeugen und ihrer oft betagten Angehörigen zu schützen und eine Weiterverbreitung des Virus auf Großveranstaltungen zu verhindern …

Wir rufen alle Brandenburger_innen und Berliner_innen auf, in der Zeit zwischen dem 22. und dem 30. April, den Jahrestagen der Befreiung von Ravensbrück und Sachsenhausen, individuell und unter Einhaltung der notwendigen Sicherheitsmaß-nahmen gegen eine Weiterverbreitung des Virus, an den Gedenksteinen für die Todesmärsche im Frühjahr 1945 und an Gedenkstellen für KZ-Außenlager und Zwangsarbeitslager Blumen niederzulegen.“

Zum Text der Erklärung >>>

 

„Ich habe Angst, dass Europa seine Vergangenheit vergisst und dass Auschwitz nur schläft.“

10. Januar 2020

Ceija Stojka (23.05.1933 – 28.01.2013)
österreichische Schriftstellerin, Künstlerin, Sängerin, Aktivistin
Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück und Bergen-Belsen

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers der deutschen Faschisten. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag. Er erinnert an alle Opfer des Faschismus. – Die Vereinten Nationen erklärten im Jahr 2005 den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. – Das Datum erinnert aber auch an das Ende der Leningrader Blockade (8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944), die etwa 1,1 Millionen zivilen Bewohnern der Stadt das Leben kostete. Die Einschließung der Stadt durch die deutschen Truppen mit dem Ziel, die Leningrader Bevölkerung systematisch verhungern zu lassen, war eines der eklatantesten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht während des Krieges gegen die Sowjetunion.

Erinnern und Gedenken in Weißensee …

Sonntag | 26. Januar 2020 | 12 Uhr | Falkenberger Str. 12
Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erinnern und gedenken die Stolpersteingruppe Weißensee und die Evangelische Kirchengemeinde an den Stolpersteinen der Familien Stenschewski der Opfer und bringt die Steine wieder zum Glänzen.
Die Familien Stenschewski lebten bis zu ihrer Deportation in der Hohenschönhauser Straße 84 — jetzt Falkenberger Straße 12.

… und Lichtenberg

Montag | 27. Januar 2020
Der Bezirk Lichtenberg begeht 2020 das Gedenken wieder traditionell an zahlreichen Orten im Bezirk.

Alt-Hohenschönhausen: Bereits um 10 Uhr am Gedenkstein Konrad-Wolf-Straße 92 – Veranstaltung des Ardenne-Gymnasiums – anschließend (ca. 11 Uhr) an der Gedenktafel für Victor Aronstein, Werneuchener Straße 3, und danach auf dem Friedhof St. Hedwig, Konrad-Wolf-Straße, an den Gräbern der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen.

Lichtenberg: Ab 18 Uhr – zentrale Gedenkveranstaltung am Stadthaus an der Ecke Stadthausstraße und Türrschmidtstraße – Projektion von über 300 Namen der aus Lichtenberg und Hohenschönhausen vertriebenen und ermordeten Jüdinnen und Juden an die Giebelwand des Stadthauses. Die Namen werden bis in die Morgenstunden des 28. Januar zu lesen sein. – Im Anschluss lädt das Museum ein zu dem Programm „Und alles wird gut?“. Mit Liedern, Gedichten und Briefausschnitten von Ilse Weber, einer in Auschwitz ermordeten jüdischen Hörfunk- und Kinderbuchautorin, erinnert das Trio „Gerade Frauen“ an die von Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens.

Weitere Gedenkorte und Kranzniederlegungen in Lichtenberg >>>

… und Alt-Pankow

27. Januar 2020, 18 Uhr – Pankower Lichterkette am ehemaligen Jüdischen Waisenhaus (Nähe S-/U-Bhf. Pankow, Berliner Str. 121).

In der Presseerklärung der veranstaltenden Kommission Bürgerarbeit Pankow heißt es: “Wir rufen alle demokratisch gesinnten Menschen dazu auf, sich vor dem Hintergrund einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit, einer Umdeutung der jüngsten Geschichte und eines verstärkten Nationalismus mit ihrer Teilnahme an der Gedenkveranstaltung für ein solidarisches Miteinander in unserem Stadtbezirk zu engagieren.“

 

9. November – Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome aufrechterhalten

31. Oktober 2019

Den Opfern der Pogrome von 1938 gilt ein gemeinsames ehrendes Gedenken in Lichtenberg am Samstag, 9. November 2019, ab 12.00 Uhr am Gedenkstein Konrad-Wolf-Straße 91.

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) wird eine Gedenkrede halten und mit Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung sowie Gästen Gebinde niederlegen. Musikalisch begleitet Olaf Ruhl die Gedenkveranstaltung.

Michael Grunst lädt die Bürgerinnen und Bürger zu diesem Anlass ein:
„Der 9. November ist ein Tag der Freude, der Erinnerung und des Gedenkens. Ich lade Berlinerinnen und Berliner ein, gemeinsam der Opfer von Hass, Hetze und Menschenfeindlichkeit zu gedenken. Tausende Mitbürger und Mitbürgerinnen jüdischen Glaubens wurden vor 81 Jahren misshandelt, verschleppt oder ermordet. Heute gilt es, wie eh und je, dieses Gedenken aufrechtzuerhalten. Gegen das Vergessen.“

Hintergrund zum Ort des Gedenkens: Die Jüdische Gemeinde in Hohenschönhausen war sehr klein. Als die Nationalsozialisten begannen Juden zu verfolgen, wandelten die Gemeindemitglieder ihren Betraum in der Konrad-Wolf-Straße in eine Synagoge um. Erst 1935 wurde sie geweiht. Bereits 1938 musste die Gemeinde ihre Tätigkeit wieder einstellen. Denn die Mitglieder der Gemeinde wurden – wie in ganz Deutschland und Europa – in Konzentrationslager deportiert. Nach 1945 war die Synagoge in Vergessenheit geraten. Erst mit den Forschungen zur jüdischen Geschichte, die in den 1990er Jahren mit der Ausstellung „Juden in Weißensee und Hohenschönhausen“ im damaligen Heimatmuseum an die Öffentlichkeit gelangten, kam auch die Synagoge wieder in Erinnerung. Im Zusammenhang mit dem einhundertsten Geburtstag von Victor Aronstein entstand die Broschüre „Juden in Hohenschönhausen. Eine Spurensuche“, mit der auf das jüdische Leben in Hohenschönhausen aufmerksam gemacht wurde. Zum 51. Jahrestag der Novemberpogrome entstand die Idee, an dem vergessenen Ort einen Gedenkstein zu errichten. Enthüllt wurde der Stein im Jahr 2000.

Quelle: Pressemitteilung des Bezirksamtes Lichtenberg vom 30.10.2019


 
Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn und der Vorsteher der BVV laden am Freitag, den 8. November, für 10 Uhr auf den Jüdischen Friedhof in der Herbert-Baum-Straße in Weißensee zu einem Stillen Gedenken an das Novemberpogrom von 1938 an der jüdischen Bevölkerung ein.


 
Bereits am Sonnabend, den 2. November, ab 10.00 Uhr, findet ein Stolpersteinrundgang durch Alt-Hohenschönhausen statt, verbunden mit einer Putzaktion und organisiert von der Fach- und Netzwerkstelle Licht-Blicke/Arbeitskreis Stolpersteine. – Treffpunkt: Konrad-Wolf-Str. 91/92 am Gedenkstein, Dauer: ca. 2 h

„Niemals werde ich ihn vergessen.“

8. Oktober 2019

„Wenn ich ein Künstler wäre, würde ich aus dem Gedächtnis ein Porträt von Erich Boltze zeichnen. Ich sehe ihn oft deutlich vor mir. Niemals werde ich ihn vergessen. […] Dort, in den Lagern des Todes, habe ich verstanden, dass der Faschismus auch Deutschland nicht besiegen kann.“

Mithäftling Pjotr Schtschukin

 
Erich Richard Adolf Boltze wurde am 2. September 1905 in Weißensee – damals noch „bei Berlin“ in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. Seine Eltern bewohnten in der Pisstoriusstraße 28 eine Kellerwohnung, wo er mit drei Geschwistern aufwuchs. Er besuchte die Volksschule und erlernte danach das Tischlerhandwerk. Nach der dreieinhalbjährigen Lehrzeit war er bis 1926 in verschiedenen Berliner Betrieben als Tischler tätig. Von 1926 bis 1929 arbeitete er als Kassenbote bei der Generalvertretung der Finanzen der Sowjetunion in Berlin und nach einjähriger Arbeitslosigkeit dann (bis 1932) als Bürobote bei der SOJUSJOL GmbH. Von 1932 bis Anfang 1934 war er Bürobote in der Handelsvertretung der UdSSR und ab Februar 1934 bis November 1936 Kontorist (kaufmännischer Angestellter) in deren Botschaft. Diese Arbeit musste Erich Boltze im Zusammenhang mit seiner illegalen Tätigkeit aufgeben. Danach arbeitete er bis zu seiner Festnahme durch die Gestapo in verschiedenen Berliner Betrieben wieder als Tischler.

Erich Boltze wurde 1919 Mitglied der Freien Sozialistischen Jugend, die sich zu einer kommunistischen Jugendorganisation entwickelt hatte (ab September 1920: Kommunistische Jugend Deutschlands). Bis 1927 übte Erich Boltze verschiedene Funktionen im Kommunistischen Jugendverband im Arbeiterbezirk Wedding aus (Unterkassierer, Gruppenleiter, Schulungsleiter). Gewerkschaftlich war er seit 1920 im Deutschen Holzarbeiter-Verband organisiert. 1925 wurde er Mitglied der KPD; er war Schulungsleiter im KPD-Unterbezirk Berlin-Nord. Erich Boltze war Mitglied der Roten Hilfe Deutschlands, des Verbandes proletarischer Freidenker (VpF) und des Arbeitersportvereins „Fichte“ (Abteilung Kanusport). Nach 1933 arbeitete er illegal in Berlin-Neukölln.

Am 21. September 1937 wurde Erich Boltze wegen seiner Tätigkeit in der verbotenen KPD verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Urteilsbegründung heißt es: „Am schwersten von den Angeklagten zu bestrafen war der Angeklagte Boltze. Er war und ist überzeugter Anhänger des Kommunismus und ist anscheinend nicht gewillt, sich umzustellen.“ Seine konsequente Haltung und sein offenes Bekenntnis zum Kommunismus vor Gericht und während der Haftzeit trugen dazu bei, dass er nach Verbüßung der Haft nicht entlassen wurde, sondern in das Konzentrationslager Sachsenhausen kam. Auch im Lager leistete er illegale Arbeit. Seine Tätigkeit in der Schreibstube nutzt er, um Mitgefangenen ihr schweres Los zu erleichtern. Er organisierte im Lager marxistische Schulungszirkel und kümmerte sich besonders um die ausländischen Häftlinge.

Am Abend des 11. Oktober 1944 wurden Erich Boltze und weitere dreiundzwanzig deutsche sowie drei französische Antifaschisten wegen „versuchter Meuterei und Aufwiegelung“ von einem SS-Kommando des Lagers in der „Station Z“ erschossen. Hintergrund der Morde waren eine Rundfunk-Abhörstelle und im Lager hergestellte Flugblätter, die am 27. März 1944 von der SS in Sachsenhausen entdeckt wurden. Danach begann eine Sonderabteilung des NS-Reichssicherheitshauptamtes mit Untersuchungen, um die internationale Widerstandsorganisation im Lager zu zerschlagen. Nach mehrmonatigen Ermittlungen und trotz des Einsatzes von Spitzeln gelang der Kommission aber nur der Nachweis, dass von deutschen Kommunisten eine Solidaritätsaktion unter den Häftlingen organisiert wurde.

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