„Wer denkt, es kann sich nicht wiederholen, der irrt.“

19. Januar 2023

Ein Satz nur, ausgesprochen von Justin Sonder (1925-2020), einem deutschen Auschwitz-Überlebenden. Er entlässt uns Nachgeborene nicht aus der Verantwortung, auch wenn wir nicht verantwortlich sind für das Geschehene. Aber wir tragen Verantwortung dafür, dass sich ein 30. Januar 1933 mit seinen unmenschlichen Folgen, mit seinem großen Krieg und den Millionen Toten, der industriellen Menschenvernichtung des Holocaust inklusive, nicht wiederholt.

Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit. Was sie dort entdecken mussten, ließ der Welt den Atem stocken vor Abscheu und Entsetzen. Mehr als eine Million Menschen waren allein in Auschwitz zwischen März 1942 und November 1944 in einem beispiellosen Vernichtungswillen ermordet worden. „Auschwitz“ steht heute als Begriff für faschistischen Rassenwahn. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland als „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag, 2005 von der UNO zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ erklärt.

„Wir gedenken der Entrechteten, Gequälten und Ermordeten: der europäischen Juden, der Sinti und Roma, der Zeugen Jehovas, der Millionen verschleppter Slawen, der … Zwangsarbeiter, der Homosexuellen, der politischen Gefangenen, der Kranken und Behinderten, all derer, die die nationalsozialistische Ideologie zu Feinden erklärt und verfolgt hatte. Wir erinnern … auch an diejenigen, die mutig Widerstand leisteten oder anderen Schutz und Hilfe gewährten.“

(Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, 2008)

So auch wieder am 27. Januar dieses Jahres in Lichtenberg und Hohenschönhausen, Pankow und Weißensee (Auswahl):

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Den Lebenden zur Pflicht!

3. September 2022

„Den Toten zu Ehren – den Lebenden zur Pflicht“ – unter diesem Motto stand vor 75 Jahren der dritte Gedenktag an die Opfer des Faschismus. Die Halbmonatszeitschrift der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes „Unser Appell“ vom 10.September 1947 schrieb über ihn:

„Besinnung über das Wesen des antifaschistischen Kampfes und das tapfere Sterben der vielen Männer und Frauen unseres Volkes wecken und mahnen, daß die Taten der vielen Opfer nicht vergeblich waren, – das ist der Sinn der Gedächtnis-feierlichkeiten. Aber der Blick soll nicht allein in die Vergangenheit gerichtet sein. Mit dem gleichen Willen, von dem die erfüllt waren, denen das Gedenken gilt, wollen die Überlebenden bei der Neugestaltung des neuwachsenden Deutschland mithelfen. Ein Deutschland soll entstehen, das frei ist von den Mängeln und Fehlern der Vergangenheit, und würdig, ein Glied zu sein in der Gemeinschaft der Völker.“

In dieser Tradition steht auch in diesem Jahr am 2. Sonntag im September wieder der Tag der Erinnerung und Mahnung als ein Tag des Antifaschismus mit seinen Diskussions- und Gesprächsangeboten.

Wie könnte ich diesen Lichtblitz je vergessen!

2. August 2022

Aus Anlass der Atombombenabwürfe am 6. und 9. August 1945 auf Hiroshima und Nagasaki lädt der Deutsche Friedensrat zusammen mit dem „Bündnis 06. August“ am Samstag, dem 06. August, 10 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung an der Friedensglocke im Volkspark Berlin-Friedrichshain ein.

Sankichi Toge, geboren 1917 in Japan, war zum Zeitpunkt des Abwurfs der Atombomben 24 Jahre alt. Er erlebte den Atombombenangriff drei Kilometer vom Epizentrum entfernt. Zwölf Jahre später starb er an Leukämie, Folge seiner radioaktiven Verstrahlung. Seine Erfahrungen aus erster Hand, sein leidenschaftlicher Einsatz für den Frieden und sein ungeschönter Blick auf das schreckliche Ereignis machten ihn zum bedeutendsten „Hiroshima-Dichter“ Japans. Sein Gedicht „6. August“ wurde 1951 als ein Beitrag Japans bei den „Weltfestspielen der Jugend und Studenten“ in Ostberlin vorgestellt und erlangte internationale Beachtung.

Wie könnte ich diesen Lichtblitz je vergessen!

Im Nu hörten dreißigtausend Menschen auf zu sein
Die Schreie von fünfzigtausend Getöteten
Im gelben Rauch, der sich vor die Sonne legte
Zerbarsten Gebäude, stürzten Brücken ein
Straßenbahnen voller Menschen brannten auf ihrem Weg
Durch Hiroshima, darin Aschehaufen ohne Zahl
Schon bald hing die Haut wie Lumpen herab
Die Hände auf der Brust
Ausrutschend auf verspritztem Gehirn
Mit Fetzen verbrannten Tuchs um die Lenden
Kamen endlose Reihen Nackter daher
Schreiend

Körper auf dem Exerzierplatz, verstreut wie Geröll
Gruppen, an den Ufern gestapelt
Auf Flöße gepackt, fertig zum Abtransport
Verwandelten sich in Kadaver
Unter der sengenden Sonne
In der Mitte der Flamme
Die sich gegen den Abendhimmel erhob
Nahe der Straße, wo Mutter und
Bruder von Trümmern lebendig begraben wurden
Loderte das Feuer mit aller Macht
Auf Lagern aus Unrat in Abstellräumen
Berge von Menschen, Gott allein wusste, wer sie waren …
Haufenweise Schulmädchen im Dreck
Aufgedunsen, einäugig
Die Hälfte ihrer Haut in Fetzen herabhängend, kahlköpfig

Die Sonne schien, nichts rührte sich
Außer den summenden Fliegen in den Metallwannen
Über denen der Gestank hing

Wie kann ich diese Stille vergessen
Die sich über die 300.000-Einwohner-Stadt legte?
Inmitten dieser Ruhe
Wie kann ich das Flehen vergessen
Der von uns gegangenen Ehefrau und des Kindes
Die aus ihren Augenhöhlen
In unseren Kopf und unsere Seele drangen?

2. August – Internationaler Tag des Gedenkens an den Genozid an den Sinti/Sintizze und Roma/Romnija

1. August 2022

Rund 500.000 Roma/Romnija und Sinti/Sintizze wurden während des Holocaust ermordet – Opfer einer rassistischen Verfolgungspolitik des deutschen Faschismus und seiner Verbündeten. Roma/Romnija und Sinti/Sintizze wurden in Vernichtungslagern, wie etwa in Auschwitz, getötet und fielen in Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern der alltäglichen Gewalt, Hunger und Krankheiten zum Opfer. Viele wurden deportiert und als Zwangsarbeiter ausgebeutet, auf Bauernhöfen, auf Baustellen und in der Industrie. Roma/Romnija und Sinti/Sintizze nennen diesen Genozid „Porajmos“, was „Verschlingung“ oder „Zerstörung“ auf Romani bedeutet. Doch diesem Völkermord kommt heute immer noch wenig Beachtung zu, auch wenn das Europäische Parlament 2015 den 2. August zum europäischen Holocaust-Gedenktag für die Roma und Sinti erklärte, erinnernd an die Ermordung von 4.200–4.300 Sinti und Roma, hauptsächlich Frauen, Kinder und Alte, in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 im „Zigeunerfamilienlager“ des KZ Auschwitz-Birkenau.

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, erklärt, dass Demütigung, Ausgrenzung und Hass Vorzeichen des Mordens gewesen seien. “Wir lernen aus dieser Erfahrung, dass Respekt, Offenheit und Zuwendung für eine Demokratie und ein offenes und freies Berlin unverzichtbar sind. Das Benennen jedes diskriminierenden Verhaltens und die Bekämpfung von Diskriminierung sind unsere Pflicht. Darum müssen wir Antiziganismus genauso bekämpfen wie Antisemitismus.“

„Wir müssen immer wieder die Erfahrung machen, daß wir gegen die Obermacht und den Hochmut der Deutschen, der Nichtzigeuner, nichts ausrichten können. Als einzige Sinteza in Deutschland, die Filme macht, trete ich denen entgegen, die ständig einen Schlußstrich unter die deutsche Vergangenheit ziehen wollen.“

Melanie Spitta (1999)

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Im Gedenken an die jüdische Widerstandsgruppe um Herbert Baum

5. Juni 2022

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